Der Eiserne Thron strahlt trotz seiner Ungemütlichkeit schon immer einen gewissen Reiz aus. Welcher Fan wollte nicht selbst bereits einmal im realen Leben auf einer Replika Platz nehmen, oder malt sich aus, wie es wäre, selbst seines Amtes als König oder Königin zu walten? Genau das steht euch, werter Spieler, werte Spielerin, mit dem neuesten Ableger der Reigns-Reihe bevor: Reigns: Game of Thrones. Das Spiel erschien am 18. Oktober 2018, wurde vom französischen Studio Nerial in Zusammenarbeit mit HBO entwickelt und von Devolver Digital für Android, iOS und auf Steam für Microsoft Windows, Linux und Mac OS veröffentlicht.
Beginnt ihr das Spiel, betretet ihr als Daenerys Targaryen unmittelbar die Große Halle des Roten Bergfrieds, um nun euren sehnlichsten Wunsch zu erfüllen, und den Thron zu besteigen ... oder etwa doch nicht? Denn dort angekommen, werdet ihr gleich von eurer treuen Hand Tyrion Lennister begrüßt, der euch davon abrät ... denn ihr könntet euch an den scharfen Schwertern schneiden.
Nehmt ihr Platz, gilt es wichtige Ereignisse zu besprechen und Urteile zu fällen. Soll eine Allianz mit dem Norden eingegangen werden, nur um damit einen anderen Bündnispartner zu verprellen? Wollt ihr es allen, besonders euren Ratsmitgliedern, Recht machen, damit diese euch kurzfristig zwar schätzen könnten, aber schon im nächsten Moment hintergehen? Jede noch so kleine Entscheidung kann kritische Auswirkungen auf eure Lebensspanne haben. Dabei sind vier Bedürfnisse auszubalancieren: das gemeine Volk, der Glauben, das Militär und die Banken. Wird eines der Elemente zu mächtig oder zu sehr vernachlässigt, kann das irgendwann mit eurem Tod enden: Einem Sturz, einem Verrat, den Grauschuppen, einem Bußgang, einer Schlinge um den Hals oder gar im Seefeuer. Hier kann man 49 verschiedene Schicksale und 29 Todesarten ergründen.
Dank „Tinder-Interface“ kommt, trotz deutlich minimalistischer Grafik im Polygonlook, ein authentisches Gefühl der Spannung auf. Denn natürlich ist man als weiser Herrscher darauf bedacht, seine persönlichen Ziele zu erreichen oder sogar den Winter und die Bedrohung der Weißen Wanderer zu überleben. Doch genauso witzig und spannend kann es sein, die verschiedenen Todesarten kennenzulernen.
Im Gegensatz zum grafisch deutlich komplexeren Spiel von Telltale Games habt ihr bei euren Entscheidungen meist nur zwei mögliche Auswahlmöglichkeiten, die durch einfaches Links-Rechts-Wischen auf dem Bildschirm oder der Bewegung mit der Maus ausgeführt werden. Sie führen euch durch gewisse Handlungsstränge. Je nach ausgewähltem Charakter und Situation könnt ihr euch bei Ratssitzungen auch noch zwischen mehr Auswahlkritieren entscheiden. Diese Wahl will wohl bedacht sein; fangt ihr lieber einen Krieg mit Dorne an, werdet ihr ein Unterstützer des Glaubens oder geht ihr lieber Geheimnissen nach, um vielleicht sicherer zu leben?
Je nach getroffener Auswahl könnt ihr gewisse Spielziele erfüllen oder Personen treffen, wobei euch andere Handlungsstränge dann allerdings leider verwehrt bleiben. So erhaltet ihr beispielsweise den Auftrag, Cerseis Prozess beizuwohnen, oder einen Gesandten aus dem Norden zu empfangen. Wenn ihr eure Entscheidungen wohlüberlegt trefft, kommt ihr damit eurem jeweiligen Ziel näher. Erfüllt ihr ein bestimmtes Ziel, erhaltet ihr neue Entscheidungsmöglichkeiten und sogar einen schönen Titel oder Rufnamen.
Diese Belohnungen geben euch einerseits mehr Freiheit und gleichzeitig auch mehr Motivation, alle Spielinhalte vollständig aufzudecken, als es bei den Telltale-Games der Fall ist. Dort hat man zwar meist drei oder vier Auswahlmöglichkeiten, die bestimmte Ereignisse herbeiführen, jedoch orientiert sich alles an einer groben, vorbestimmten Storyline, die je nach Episode aber schon nach ein bis zwei Stunden vorbei ist. Reigns bietet hier einen deutlicheren Anreiz, sich länger mit dem Spiel zu befassen, ein bisschen wie es auch im Game of Thrones-Spiel von Cyanide der Fall ist. Denn das Endziel ist ja schließlich, möglichst lange zu herrschen und den Winter zu überleben.
Solltet ihr dann doch mal wieder ins Gras beißen, erhält Melisandre eine Vision in den Flammen, wer der oder die nächste Kandidatin wäre. Dort habt ihr dann die Wahl, aus im Spielverlauf freigespielten Charakteren (insgesamt neun) eure nächste Spielfigur auszuwählen, die dann laut Prophezeiung der nächste geeignete Azor Ahai und Retter von Westeros ist. Wer möchte nicht als beim Volk unbeliebter, aber eloquenter und sarkastischer Tyrion Lennister spielen? Oder einen mürrischen Jon Schnee, oder eine zickige Cersei Lennister? Eure Charakterwahl wirkt sich ebenfalls darauf aus, mit wem eure Spielfigur zu tun hat und wie schnell gewisse Bedürfnisse gestillt werden können. Alle Charaktere sind originalgetreu samt ihrer Eigenheiten umgesetzt, womit das Spiel definitiv Punkte sammeln kann. Selbstverständlich könnt ihr mit dem selben Charakter immer wieder spielen und trotzdem neue Einblicke erhalten.
Angelehnt sind die Ereignisse vor allem an die 7. Staffel von Game of Thrones, sodass ältere lieb gewonnene Charaktere älterer Staffeln leider nicht vorkommen. Doch um euch endgültig in die Welt von Westeros zu katapultieren, wird das Spiel von der richtigen Musik aus der Serie und weiteren, eigens für das Spiel komponierten Stücken gut untermalt.
Alles in allem ist Reigns: Game of Thrones ein richtig kurzweiliges, witziges, aber gleichzeitig aufregendes Spiel für den erschwinglichen Preis von unter 5 Euro. Zwar ist es auch für Desktop-PCs und Laptops verfügbar, aber man nimmt das Spiel in der Freizeit zwischendurch auf dem Smartphone eher gern mal zur Hand.
Jetzt ist es an euch. Habt ihr das Game auch schon ausprobiert oder würdet ihr es euch zulegen? Hattet ihr bereits Bekanntschaft mit den Spielen der Reigns-Reihe? Und wie sind eure Erfahrungen damit? Schreibt es hier in die Kommentare!